Effekt von Hintergrundmusik auf Physiologie und Kognition

Bereits in frühen Stadien einer Alzheimererkrankung liegen erste Funktionsstörungen des autonomen Nervensystems (ANS) vor. Diese haben weitreichende Implikationen, da sie auch mit Stressregulation und dem kognitiven System im Zusammenhang stehen. Es ist daher denkbar, dass eine Regulation des ANS zur Besserung der Kognition von an Alzheimer-Erkrankten beitragen könnte.

Möglicherweise könnte Musik zu diesem Zweck eingesetzt werden, da wiederholt festgestellt wurde, dass Musik Marker der ANS Funktion (z.B. Herzfrequenz) beeinflusst. Es zeichnet sich ab, dass spannende Musik, im Vergleich zu beruhigender Musik, mit höherer Herzfrequenz und niedrigerer Herzfrequenzvariabilität assoziiert ist. Allerdings ist noch unklar, welche Bestandteile der Musik essenziell für solche Effekte auf ANS Marker sind. Sowohl die Emotionalität der Musik als auch ihr Tempo könnten eine entscheidende Rolle spielen. Jedoch erlaubt das Design früherer Studien keine eindeutige Zuordnung von Effekten, da Tempo und Emotionalität oft nur in Verbindung manipuliert und/oder nicht klar beschrieben wurden. Daher ist die Evidenz aktuell nicht robust genug, um klare Schlüsse zu ziehen.

Dieselbe Problematik betrifft Studien zum kognitiven Nutzen von Musik-basierten Interventionen (MBIs) für Menschen mit Alzheimer und anderen Demenzerkrankungen: da die genutzte Musik nicht hinlänglich validiert ist, und Emotionalität und Tempo nicht klar beschrieben, ist es zum jetzigen Zeitpunkt schwer einzuschätzen, wie Musik beschaffen sein muss, um optimale Effekte auf kognitive Endpunkte zu erzielen. Allerdings deuten die Ergebnisse darauf hin, dass möglicherweise langsame, emotional-negative Hintergrundmusik mit verbesserter Kognition im Zusammenhang steht, speziell mit besserer Gedächtnisleistung, mit dem Erkennen von Gesichtern und stärkerer arithmetischer Rechenfähigkeit. Im Gegensatz dazu wurden mit schneller, emotional-positiver Hintergrundmusik kognitive Prozesse beschleunigt.

Um differentielle Effekte von Tempo Emotionalität auf (1) Kognition und (2) ANS Marker besser zu verstehen, führen wir aktuell eine Reihe von Studien durch. In einer vorausgegangenen Pilot-Studie haben wir zunächst eine Reihe von Musikstücken in Bezug auf ihre Emotionalität validiert. Die Stücke unterscheiden sich außerdem in ihrem Tempo. In der ersten Instanz rekrutieren wir gesunde Erwachsene. Die Probandinnen und Probanden werden validierte kognitive Testungen durchlaufen, wobei sie von verschiedenartiger Hintergrundmusik stimuliert werden. Diese  Musik unterscheidet sich in Tempo und Emotionalität, es gibt daher vier Arten: 1) schnell/emotional-positiv, 2) schnell/emotional-negativ, 3) langsam/emotional-positiv, und 4) langsam/emotional-negativ. Des Weiteren wird eine Reihe von ANS Markern (unter anderem: Herzfrequenz, Ektoderme Aktivität, Pupillenmessung) unter den verschiedenen musikalischen Bedingungen erhoben.

Die Ergebnisse sollen einen Einblick in die Normwerte gesunder Erwachsener geben. Diese Normwerte werden es in späteren Studien ermöglichen, bei Demenzerkrankten gemessene Werte zu interpretieren.