Medikamentöse Therapie

Aducanumab

Aufgrund der steigenden Zahl an Demenzfällen und dem Fehlen von Medikamenten, die auf die grundlegenden Mechanismen der Krankheit einwirken, besteht ein großer Bedarf an sicheren und wirksamen neuen Behandlungen. Bei Aducanumab handelt es sich um einen Wirkstoff, der in den USA unter dem Medikamentennamen Aduhelm zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit zugelassen ist (Zulassung durch Arzneimittelbehörde FDA im Juni 2021, mit der Bedingung einer erneuten Bestätigungsstudie bis 2030). Die Zulassung des Medikaments wurde kontrovers diskutiert, da die klinischen Studien widersprüchliche Ergebnisse lieferten. Aufgrund der starken Nebenwirkungen (Desorientierung, Sehstörung, Hirnödeme etc.) und der nicht ausreichend nachgewiesenen Wirksamkeit, wurde das Medikament in der EU nicht zugelassen.

 
Quellen
  • Walsh S, Merrick R, Milne R, Brayne C. Aducanumab for Alzheimer's disease? BMJ. 2021 Jul 5;374:n1682. doi: 10.1136/bmj.n1682. PMID: 34226181; PMCID: PMC8258645.
  • Alexander GC, Emerson S, Kesselheim AS. Evaluation of Aducanumab for Alzheimer Disease: Scientific Evidence and Regulatory Review Involving Efficacy, Safety, and Futility. JAMA. 2021;325(17):1717–1718. doi:10.1001/jama.2021.3854
  • Alzheimer Forschung Initiative e.V.: Neuer Alzheimer-Wirkstoff Aducanumab: Der aktuelle Stand. https://www.alzheimer-forschung.de/forschung/aktuell/aducanumab/ (abgerufen 09.11.2022)

Crenezumab

Crenezumab wurde erstmals an Studienteilnehmenden getestet, die noch keine, allerdings aufgrund einer genetischen Disposition sehr sicher an Demenz erkranken werden oder lediglich leichte Symptome haben. Crenezumab erwies sich als gut verträglich. Allerdings bewiesen kürzlich Studien, dass es keinen statistisch signifikanten klinischen Nutzen des Medikaments gibt.

 

Quellen
  • Genentech (15. Juni 2022): Genentech Provides Update on Alzheimer’s Prevention Initiative Study Evaluating Crenezumab in Autosomal Dominant Alzheimer’s Disease URL: https://www.gene.com/media/press-releases/14957/2022-06-15/genentech-provides-update-on-alzheimers-
  • Ostrowitzki S, Bittner T, Sink KM, et al. Evaluating the Safety and Efficacy of Crenezumab vs Placebo in Adults With Early Alzheimer Disease: Two Phase 3 Randomized Placebo-Controlled Trials. JAMA Neurol. Published online September 19, 2022. doi:10.1001/jamaneurol.2022.2909

Gantenerumab

Gantenerumab wurde bei Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung aufgrund von Alzheimer und leichter Alzheimer-Demenz untersucht. Der entwickelte Antikörper Gantenerumab richtet sich gegen Ablagerungen im Gehirn und sollte das Fortschreiten der Demenz aufhalten. In den Phase-III-Studien GRADUATE-I und –II an rund 2000 Teilnehmenden konnten keine statistisch signifikanten Ergebnisse bezüglich der Verlangsamung des Verfalls nachgewiesen werden, wie der Hersteller Roche dies am 14.11.2022 bekannt gab.

 

Quellen

Geringwertige Versorgung (Low-value Care)

Geringwertige Versorgung wird definiert als Versorgung, die unter Berücksichtigung der Präferenzen des Patienten, möglicher Schäden, Kosten oder verfügbarer Alternativen wahrscheinlich keinen Nutzen für den Patienten bringt (z.B. medizinische Überversorgung etc.). Eine Untersuchung anhand von 516 Menschen mit Demenz zeigte, dass 31% der Betroffenen eine geringwertige Versorgung erhielten. Um geringwertige Versorgungsmaßnahmen angeben zu können, orientierte sich die Studie an demenzspezifischen Leitlinien, der „Choosing-Wisely“-Kampagne und der PRISCUS Liste der potentiell inadäquaten Medikationen im Alter. Weiterhin ergab sich, dass Menschen mit Demenz, die geringwertige Versorgung erhielten, eine niedrigere Lebensqualität und ein höheres Risiko für Krankenhausaufenthalten aufwiesen. Somit sollte diese Art der Versorgung schnellstmöglich erkannt und ersetzt werden.

Lecanemab

Die Anhäufung von löslichem und unlöslichem aggregiertem Amyloid-beta kann die pathologischen Prozesse bei der Alzheimer-Krankheit auslösen oder verstärken. Es wurde eine 18-monatige, multizentrische, doppelblinde Phase-3-Studie mit Personen im Alter von 50 bis 90 Jahren mit früher Alzheimer-Krankheit durchgeführt. 898 Teilnehmende erhielten hierbei eine Behandlung mit Lecanemab und 897 ein Placebo. Die Studie ergab, dass das Medikament Lecanemab die Amyloid-Marker bei früher Alzheimer-Krankheit reduziert und nach 18 Monaten zu einer mäßig geringeren Verschlechterung der kognitiven Fähigkeiten im Vergleich zum Placebo führt. Allerdings waren unerwünschte Ereignisse (Hirnschwellungen und Blutungen) zu beobachten. Längere Studien sind notwendig, um die Wirksamkeit und Sicherheit von Lecanemab bei der frühen Alzheimer-Krankheit zu ermitteln.

Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA wird bis zum 06. Januar 2023 eine Entscheidung über die Zulassung treffen.

 
Quellen